Glíma ist eine besondere Art des Ringkampfes, die hauptsächlich auf Island ausgeübt wird, aber sich nunmehr auch in anderen Teilen der Welt, vor allem in Skandinavien, wieder wachsender Beliebtheit erfreut.
Die Geschichte des Glíma-Ringens läßt sich bis in das neunte Jahrhundert, die Zeit der Besiedlung Islands, zurückverfolgen. Glímaringen war damals in ganz Nordeuropa verbreitet. Da es als heidnische Tradition angesehen wurde, unterlag es der Mißbilligung der christlichen Kirche, so daß die Tradition des Glíma-Ringens (erfreulicherweise) zwischenzeitlich nur auf Island fortgeführt wurde.
Glíma kann man als "Wettkampf der Freude" übersetzen, obwohl der Begriff Glíma eher mit dem Wort glimmern verwandt ist. Wahrscheinlich kann man sich den Namen mit Hilfe des Sprichwortes "Vor Freude strahlen" erklären, nur daß die alten Nordmänner eben "Vor Freude glommen" und nicht strahlten. Im Folgenden werde ich daher manchmal auch den Begriff Glimmerringen anstelle des isländischen Namens Glíma verwenden. Dieser Name unterstreicht, daß Glíma als Möglichkeit der Erholung und des Vergnügens aufgefasst wurde und wird, und nicht als Schlägerei oder Kampfsport.
Andere isländisch-norröne Bezeichnungen des Ringkampfes sind Leikfang oder einfach nur Fang, was eigentlich soviel wie fangen heißt. In den Isländersagen werden sie oft synonym zu Glíma verwandt.
Es gab allerdings auch Formen des Ringkampfes, in denen sich die Gegner auf Leben und Tod duellierten.
Für solche Kämpfe auf Leben und Tod fanden sich die Gegner an Stätten ein, an denen ein hüfthoher, nach oben spitz zulaufender Felsen stand. Auf diese Felsen wurde der Gegner mit Tötungsabsicht geschleudert.
Diese Art des Ringens wurde dann aber auch nicht als Leikfang oder Glíma bezeichnet.
Einen dieser Mordsteine kann man auf einem Bauernhof im Westen Islands besichtigen.
Traditionell wird Glíma im Freien betrieben, insbesondere an etwas geschützten Stellen , z.B. am Fuße von Bergen oder Hügeln.
Diese geschützten "Ringkampfarenen" werden in den Isländersagen auch als Glímuhöll (Glíma-Halle) bezeichnet.
Glíma unterscheidet sich durch folgende Regeln von dem bekannteren griechisch-römischen Ringkampf:
0. Die Ringer begrüßen sich mit Handschlag.
1. Die Ringer müssen sich ständig in aufrechter Haltung befinden.
2. Die Gegner umrunden sich während des Kampfes walzerartig, d.h. sie bewegen sich im Uhrzeigersinn umeinander. Dieses Umrunden wird als Stigandi bezeichnet.
3. Die Ringer sind dazu angehalten, fortwährend über die Schultern des Gegners zu blicken, denn das Glimmerringen wird eher als Herausforderung von Berührung und Gefühl anstatt des Sehens betrachtet.
4. Es ist nicht gestattet, gewaltsam auf den Gegner zu fallen oder sich auf ihn zu werfen bzw. ihn gewaltsam zu Boden zu drücken.
5. Man verwendet einen besonderen Gürtel, den sog. Glímabelt.
6. Die Ringer geben sich nach dem Ringkampf erneut die Hand.
Das stetige Umrunden beim Glíma bewirkt, daß es im Vergleich zum griechisch-römischen Ringen beim Glimmerringen verstärkt auf Gewandtheit und Geschick anstatt auf Kraft ankommt.
In Schweden unterscheidet man drei Spielarten des Glíma-Ringkampfes: Byxtagsglima, Livtagsglima und Lösatagsglima.
Lösatagsglima ist auf Island gar nicht bekannt. Byxtagsglima, das klassische Glíma-Ringen, bezeichnen die Isländer einfach als Glíma. Livtagsglima ist auf Island unter dem Namen Axlatök bekannt.
Byxtagsglima (Is:Glíma)
Byxtagsglima könnte man norddeutsch als Büxenzieh-Glima, d.h. Hosenzieh-Glima, übersetzen.
Diese Art des Glimmerringens, die die Isländer wie gesagt als Glíma im engeren Sinne bezeichnen, ist die Form, in der die Isländer ihren Nationalsport betreiben, und damit die am weitesten verbreitete Spielart des Glimmerringens.
Beim Byxtagsglima tragen beide Ringer einen besonderen Gürtel um ihre Hüfte und je einen weiten Gurt an beiden Oberschenkeln. Die Beingurte sind über Riemen mit dem Hüftgürtel verbunden. Der Glímabelt hat somit eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Klettergurt (Wehe dem, der hier an Strapse denkt!). Diesen Glímabelt benutzt man erst seit Ende des neunzehnten Jahrhunderts. Vorher war es üblich, nur mit einfachen Hosen zu ringen.
Die Ringer fassen sich nun mit einer Hand an dem Glíma-Gürtel und mit der anderen Hand vergreifen sie sich auf Höhe der Oberschenkel in der Hose des Gegners.
Unter diesem Griff versuchen nun beide Ringer unter Anwendung einer der Wurftechniken (brögð, Einzahl: bragð) den Gegner zu Fall zu bringen.
Gewonnen hat der Ringer, der es schafft, seinen Gegner dazu zu bringen, mit einem Körperteil zwischen Ellenbogen und Knien den Boden zu berühren. Das bedeutet, daß ein Ringer, dem es nach einem Wurf gelingt, auf Händen und Füßen zu landen, nicht verloren hat.
Fallen beide Gegner gleichzeitig zu Boden, so wird dies als Bruderfall bezeichnet und keiner der Ringer erhält einen Zähler.
Livtagsglima (Is:Axlatök)
Diese Spielart des Glimmerringens ähnelt eher dem griechisch-römischen Ringkampf und hat dementsprechend stärker den Charakter des Kräftemessens.
Beim Livtagsglima greifen sich die Ringer nicht an den Hosen sondern umfassen sich wie beim klassischen Ringen üblich am Oberleib.
Wer mit einem anderen Körperteil als den Füßen den Boden berührt, hat verloren.
Lösatagsglima
Diese Art des Glíma gilt als ein Wiederbelebungsversuch, da das Lösatagsglima eigentlich schon zum Ende des neunzehnten Jahrhunderts ausgestorben war.
Es ist etwas kampfbetonter als das Byxtags- oder das Livtagsglima. Die Gegner dürfen sich in der Weise greifen oder halten, die ihnen belieb ist.
Darüber hinaus gibt es zwei Unterformen des Lösatagsglimas. Die eine ist eher eine Art der Selbstverteidigung, während die andere vielmehr dem freundschaftlichen Wettstreit dient.
In jeder Unterform sind alle Wurf- und Grifftechniken erlaubt, wobei sie in der Variante des freundschaftlichen Wettstreites in der Art ausgeführt werden sollten, daß der Gegner keine Verletzungen erleidet.
In einem solchen Freundschaftskampf gilt der als Verlierer, der am Boden liegt, während der andere noch steht. Fallen beide Gegner bzw. Freunde zu Boden, wird der Ringkampf in der Weise fortgeführt, daß man versucht selbst aufzustehen und unterdessen die Aufstehversuche des Gegners vereitelt.
Beim Training für die Selbstverteidigungsvariante des Lösatagsglimas werden die schmerzhaften und potentiell verletzenden Glíma-Techniken, die selbstverständlich in den sportlichen Glíma-Varianten untersagt sind, in der Weise geübt, daß man dem Trainingspartner nicht schadet.
Die Acht Hauptgriffe - Brögð
1. Leggjarbragð
2. Hælkrókur in den Spielarten:
- innanfótar hælkrókur hægri á vinstri,
- innanfótar hælkrókur hægri á hægri und
- hælkrókur fyrr báda
3. Hnéhnykkur und Hnéhnykkur á lofti
4. Sniðglíma und Sniðglíma á lofti
5. Krækja
6. Klofbragð
7. Lausamjödm
8. Mjaðmarhnykkur
Grettisbeltið - Grettirs Gürtel
Damals vor 100 Jahren: Jóhannes Jósefsson,
der Gewinner des Grettisbelt 1907 und 1908
Um sich beim Glímaringen des Erfolges zu versichern, wurden, und manche tun dies noch heute, auf ein Stück Stoff oder Leder, das man in die Schuhe legt, bzw. auf die Schuhsohlen der Schuhe, die man zum Glímaringen an hat, zwei runische Zeichen gemalt. Diese beiden Runenzeichen heißen Ginfaxi und Gapaldur.
Ginfaxi |
Gapaldur |
---|
Die Ginfaxi wurde unter die Zehen des linken Fußes gelegt oder gezeichnet.
Das Gapaldur legte oder zeichnete man unter der Ferse des rechten Fußes.
Anschließend sprach man folgenden Zauberspruch:
Isländisch |
Deutsch |
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Gapaldur undir hæl, |
Gapaldur unter der Ferse, |
Þá svarar Útgarða-Loki ok litast um á bekkina ok mælti: "Eigi sé ek þann mann hér inni, er eigi mun lítilræði í þykkja at fást við þik." Ok enn mælti hann: "Sjáum fyrst, kalli mér hingat kerlinguna fóstru mína, Elli, ok fáist Þórr við hana, ef hann vill. Fellt hefir hon þá menn, er mér hafa litizt eigi ósterkligri en Þórr er." Því næst gekk í hǫllina kerling ein gǫmul. Þá mælti Útgarða-Loki, at hon skal taka fang við Ása-þór. Ekki er langt um að gera. Svá fór fang þat, at því harðara er Þórr knúðist at fanginu, því fastara stóð hon. Þá tók kerling at leita til bragða, ok varð Þórr þá lauss á fótum, ok váru þær sviptingar allharðar ok eigi lengi, áðr en Þórr féll á kné öðrum fæti. Þá gekk til Útgarða-Loki ok bað þau hætta fanginu ok sagði svá, at Þórr myndi eigi þurfa at bjóða fleirum mönnum fang í hans hirð. Var þá ok liðit at nótt. Vísaði Útgarða-Loki Þór ok þeim félögum til sætis ok, dveljast þar náttlangt í góðum fagnaði.
Deutsche Übersetzung:
Außgartlohe sprach:
Mitnichten sehe ich den Mann hier innen, den es nicht ein Kinderspiel dünken würde, mit dir zu ringen. Aber laßt sehen, fuhr er fort, die alte Frau ruft mir herbei, meine Amme Elli: mit der mag Donar ringen, wenn er will. Sie hat schon Männer niedergeworfen, die mir nicht schwächer schienen als Donar. Alsbald kam eine alte Frau in die Halle: zu der sprach Außgartlohe, sie solle sich mit Ansendonar messen. Wir wollen den Bericht nicht längen; der Kampf lief so ab:
je stärker Donar sich anstrengte, je fester stand sie. Nun fing die Frau an, ihm ein Bein zu stellen, Donar wurde mit einem Fuße los und ein harter Kampf folgte; aber nicht lange währte es, so war Donar auf ein Knie gefallen. Da ging Außgartlohe hinzu und gebot ihnen, den Kampf einzustellen. Er fügte hinzu: Donar habe nun nicht nötig, noch andere an seinem Hof zum Kampf zu fordern. Es war auch bald Nacht. Da wies Außgartlohe den Donar und seine Gefährten zu den Sitzen, und sie brachten da die Nacht bei guter Aufnahme zu.
Bemerkung:
Der Ringkampf Donars mit dem personifizierten Alter, Elli, wird hier deutlich als Glímaringkampf beschrieben, auch wenn hier anstelle des Wortes Glíma das oben genannte Synonym Fang verwandt wird.
Die erwähnte Wurftechnik (bragð) in Form des Beinstellens beim Ringen und der Abbruch des Ringkampfes, nachdem Donar auf ein Knie fiel, stehen vollkommen im Einklang mit den Regeln des Glímaringens.
Eine dem isländischen Glíma recht ähnliche Form des Ringens ist im Voralpenland unter dem Namen "Hosenlupf" bzw. unter dem Namen Schwingen in der Schweiz bekannt.
Eine Darstellung in der Kathedrale von Lausanne aus dem 13. Jahrhundert zeigt bereits die für den Hosenlupf eigene Art, Griff zu fassen. Die Wurzeln des Schwingens in der Schweiz scheinen haber zeitlich weit vor dem 13. Jahrhundert zu liegen. In der Zentralschweiz, im Mittelland und im Voralpenraum, gehörte der "Hosenlupf" zum festen Bestandteil der Festkultur. Bei etlichen Alp- und Wirtshausfesten wurde um ein Stück Hosentuch, ein Schaf oder um andere Lebensmittel geschwungen, wobei der Ruhm des Sieges selbstverständlich weit mehr zählte als der materielle Gewinn.
Eine Neubelebung des Schwingens brachte das erste Alphirtenfest zu Unspunnen 1805, zu einer Zeit, da die Schweiz unter französischer Fremdherrschaft litt. Der Anlass zu diesem Fest war ausdrücklich die Hebung des schweizerischen Nationalbewusstseins.
Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts haben denkwürdige Schwingfeste und eine rege Aktivität geschulter Turnpädagogen das Schwingen auch in die großen Städte gebracht. So wurde aus dem ursprünglichen Kampf der Hirten und Bauern ein Nationalsport für alle Bevökerungsschichten. Die Verbände, allen voran der 1895 gegründete Eidgenössische Schwingerverband organisierte den Hosenlupf, indem regionale Eigenarten integriert, mit Lehrbüchern und Übungsstunden das Niveau gehoben und zeitgemässe Wettkampfregeln geschaffen wurden.
Der Ringkampf wird auf einer 7-14m durchmessenden, ringförmigen, mit Sägemehl gepolsterten Fläche ausgetragen.
Die beiden Gegner tragen über ihren Kleidern eine kurze, aus Jute gearbeitete Hose, die die gleiche Aufgabe wie der Glímabelt beim Byxtagsglima hat. Die beiden Ringer greifen sich an dieser Hose und versuchen den Gegner durch das Anbringen von "Schwüngen" auf den Rücken zu zwingen.
Das Schwingen kennt verschiedene Hauptschwünge, die Namen wie "Kurz", "Übersprung", "Brienzer", "Hüfter", "Buur" oder "Wyberhaagge" tragen.
Der Sieg ist gültig, falls der überlegene Schwinger den Unterlegenen mit mindestens einer Hand an der Schwinghose festhält und der Unterlegen den Boden mit beiden Schulterblättern berührt.
Nach dem Ende des Kampfes wischt traditionsgemäß der Sieger dem Verlierer die Sägemehlspäne vom Rücken. Geht eine Runde unentschieden aus, so ist der Kampf "gestellt".
Der Kampf wird von drei Kampfrichtern beurteilt, von denen jeweils einer zusammen mit den Schwingern im Sägemehlring steht. Die Kampfrichter bewerten den Gang und erteilen für einen "Plattwurf" das Höchstmaß von 10 Zählern. Bei einem gestellten Gang erhält der maßgebendere Schwinger die höhere Punktezahl.
An einem Schwingfest bestreiten die Schwinger sechs (am Eidgenössischen sogar acht) Gänge; die zwei punkthöchsten Schwinger nach fünf Gängen (bzw. sieben am Eidgenössischen) erreichen den Schlussgang.
1. Glímusambands Íslands - Der isländische Glímaverband (Isländisch)
2. Journal of Western Martial Art (Englisch)
3. Icelandic Sorcery & Witchcraft (Englisch)
4. Isländisches Museum der Zauberei und Hexerei
5. Norwegische Glimaseite mit Bildern der Griff- und Wurftechniken
6. Die Geschichte von dem starken Grettir dem Geächtetetn, Paul Herrmann, Eugen Diederichs Verlag Jena 1922